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#twofaced (Kap. 10)
Milena kann ihren Augen kaum trauen, als sie Blondie das Haus betreten sieht. Sie sieht so völlig fehl am Platz aus, hier in Leos Haus voller betrunkener Teenager. In ihrem roten Kleidchen und den schwarzen Wildlederstiefeln sieht sie eher aus, als wäre sie zu einem geschäftlichen Business-Essen mit ihrem lieben Herrn Papa eingeladen. Ihr blondes, langes Haar fließt über ihren Rücken und bedeckt ihre schmalen Schultern. Stella zuckt zusammen, als ein offensichtlich besoffener Typ sie anrempelt. Milena muss unwillkürlich grinsen, Blondie tut ihr irgendwie leid. Langsamen Schrittes geht Milena auf die Blondine zu und grüßt sie mit einem lauten „Hey“,…
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#twofaced (Kap. 9)
Ich sitze vor meinem Schminktisch, starre in den Spiegel. Meine Haut ist nicht mehr so blass wie zuvor, als ich frisch aus der Dusche gestiegen bin. Ich habe etwas Foundation aufgetragen, mein Gesicht gepudert, meine Nase und die Wangenknochen konturiert. Meine Wimpern habe ich mit der neuen Wimperntusche, die meine Mutter mir vor ein paar Tagen aus dem Douglas mitgebracht hat, getuscht, ein feiner Lidstrich ziert meine Augenlider und lässt meine Augen interessanter wirken. An meiner Schule würde beinahe jedes Mädchen töten, um so aussehen zu können wie ich, aber niemand ahnt auch nur, wie viel Arbeit ich täglich in…
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#twofaced (Kap. 8)
Milena steht vor Leos Tür, nachdem sie kurz zu Hause vorbeigefahren ist, um duschen zu können und sich anstelle ihrer Arbeitskleidung etwas Anständiges anzuziehen. Sie hat sich, vor ihrem Spiegel posierend, für einen dunkelgrünen Jeansrock, ein schwarzes bauchfreies Top und ihre schwarzen Schnürstiefel entschieden, das Outfit dazu noch mit silbernen Ketten und Armbändern verziert und ihre schulterlangen Haare mit ein weniger Gel frisiert. Nun steht sie vor Leos Haus, in dem die Party bereits zugange ist und drückt auf die Klingel, um ebenfalls nach innen gelangen zu können. Wenig später wird die Tür von einem Jungen mit dunklen Locken aufgerissen,…
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#twofaced (Kap.7)
Ich sitze auf dem beigen Lederhocker, in der einen Hand mein eiskalter, schwitzender Frappucino von Starbucks, in der anderen das gleiche Getränk von Monika. Sie befindet sich momentan in der Umkleidekabine, mit einer großen Ladung enger, gleichaussehender Jeans. „Ich brauche uuunbediiingt eine neue Jeans“, hatte sie geseufzt, als wir den Levi´s Shop vor einer guten halben Stunde betreten haben. Sie hat mir schon drei Stück vorgeführt, aber ohne, dass ich ein Worte habe sagen müssen, hat sie immer wieder einen unsichtbaren Makel gefunden, um die Jeans doch nicht mitzunehmen. Innerlich verdrehe ich nun bereits zum zehnten Mal die Augen, als…
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#twofaced (Kap. 6)
Während Milena die Theke vor sich mit dem dunkelgrünen Lappen abwischt, um die klebrige Flecken des verschütteten Biers zu entfernen, die ein etwa Vierzigjähriger, bereits angetrunkener Mann dort hinterlassen hat, denkt sie an die bevorstehende Party von Leo nach. Es ist Freitag, der Tag, an dem sein Haus aus allen Nähten platzen und viele betrunkene Jugendliche beherbergen wird und Milena wird wie immer eine der letzten sein, die dort aufkreuzen, weil sie mit diesem Job erst um zehn Uhr abends Feierabend haben wird. Sehnsüchtig schaut sie immer wieder auf ihre Armbanduhr und fleht die zwei Zeiger an, sich schneller fortzubewegen.…
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#twofaced (Kap. 5)
Nach meiner Begegnung mit der düsteren Milena, so wird sie in meinen Kreisen genannt aufgrund ihrer dunklen Kleidung und dem häufig mürrischen Gesichtsausdruck, bin ich ziemlich in mich gekehrt und still. Ich bin nicht einverstanden mit Jonas oder meinen anderen Freundinnen, wenn sie über Milena und ihre Clique herziehen und sich über ihre Outfitwahl lustig machen. Das gleiche ist auch jetzt der Fall, während wir zusammen an unserem üblichen Tisch in der Cafeteria sitzen und die erste große Pause genießen. Ich beobachte Milena, wie sie neben ihrem Freund Leo sitzt und an einer Karotte nagt. Sie ist zweifellos hübsch, ein…
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#twofaced (Kap.4)
Während Milena versucht, sich die an der Tafel stehenden Matheformeln in den Kopf zu prägen, fällt ihr Blick auf das turtelnde Pärchen in der Reihe vor sich. Dort sitzt Stella, das Sternchen der Schule, mit ihrem Freund, der offensichtlich versucht, ihr unter dem Tisch zwischen die Beine zu gehen. Sie scheint es zu genießen und wirft ihm immer wieder verliebte Blicke zu. An Milenas Schule gehört es sich aufgrund unausgesprochener Regeln, Stella entweder zu bewundern oder sie zu verabscheuen. Kurz gesagt, man muss ihr seine Aufmerksamkeit schenken, egal, in welcher Form. Doch Milena hat sich noch nie mit Regeln anfreunden…
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#twofaced (Kap. 3)
„Diese Jeans sitzt echt geil an dir“, raunt Jonas mir ins Ohr, während er unter dem Tisch meinen Oberschenkel berührt. Ich lächele ihn an, genauso, wie er es sich von mir wünscht. Während seine Hand sich ihren Weg weiter nach oben bahnt, versuche ich, mich auf den Matheunterricht vorne an der Tafel zu konzentrieren. Um den Notenschnitt zu halten, der mir von allen Seiten vorgeschrieben wird, damit ich ja an der Uni angenommen, die meine Mutter sich fleißig für mich ausgesucht hat, muss ich mich anstrengen. Und Jonas´Hand an meinem Oberschenkel fördert nicht unbedingt meine Konzentration. „Na, gefällt es dir?“,…
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#twofaced (Kap. 2)
Milena steht vor ihrem Spind und sucht hektisch nach ihrem Mathebuch. Ihre Lehrerin hat sie bereits in der letzten Stunde vorgewarnt, dass sie ihr eine Strafarbeit aufbrummen würde, wenn sie in der nächsten Stunde keine Unterlagen vorweisen könnte. Es scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Milena seufzt genervt und gibt dann ihre Suche auf. Lieber eine Strafarbeit, als erneut zu spät zu kommen. Sie fährt sich mit allen zehn Fingern durch die kinnlangen schwarzen Haare und schlägt dann die Spindtür zu. „Hey, Mills!“, hört sie die Stimme ihres besten Freundes, Leo, hinter sich. Er holt im Laufschritt zu Milena…
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#twofaced (Kap. 1)
Ein Leben im Rampenlicht – wünscht sich das heutzutage nicht beinahe jeder? Beliebt sein, von allen gekannt, im glänzenden Spotlight. Die meisten wollen es, aber nur die wenigsten denken an die Schattenseite, die ein Leben wie meins haben kann. Die Menschen an meiner Schule lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Es gibt diejenigen, die mich lieben und verehren und versuchen, mich zu kopieren. Ihnen gegenüber stehen diejenigen, die mich hassen und vor Neid beinahe platzen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, zu welcher Gruppe ich mich zählen würde, wenn ich nicht ich wäre. „Erde an Stella“, ertönt die Stimme meiner Mutter…