„Yellowface“ von Rebecca F. Kuang
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Nachdem ich „Babel“ und die „Poppy-War“-Trilogie von R.F. Kuang gelesen habe, stand „Yellowface“ ganz weit oben auf meiner Wunsch-/Leseliste. Im Dezember letzten Jahres habe ich das Buch bereits auf englisch für ein Seminar an der Uni gelesen – und geliebt. Als dann die wunderschöne deutsche Ausgabe erschienen ist, habe ich sie mir auch geholt und Anfang Juli gelesen – und erneut geliebt. Es hat sich daher sehr gut angeboten, dass wir das Buch auch im Juli in unserem Buchclub „Zwischen den Zeilen“ gelesen haben.
Zum Inhalt
Der Klappentext: June Hayward und Athena Liu könnten beide aufstrebende Stars der Literaturszene sein. Doch während die chinesisch-amerikanische Autorin Athena für ihre Romane gefeiert wird, fristet June ein Dasein im Abseits. Niemand interessiert sich für Geschichten „ganz normaler“ weißer Mädchen, so sieht es June zumindest. Als June Zeugin wird, wie Athena bei einem Unfall stirbt, stiehlt sie im Affekt Athenas neuestes, gerade vollendetes Manuskript, einen Roman über die Heldentaten chinesischer Arbeiter während des Ersten Weltkriegs. June überarbeitet das Werk und veröffentlicht es unter ihrem neuen Künstlernamen Juniper Song. Denn verdient es dieses Stück Geschichte nicht, erzählt zu werden, und zwar egal von wem? Aber nun muss June ihr Geheimnis hüten. Und herausfinden, wie weit sie dafür gehen will.
Meine Bewertung
Ich fand an dem Buch besonders eindrucksvoll, wie die Autorin es schafft, die psychologische Tiefe ihrer Charaktere herauszuarbeiten. Beim Lesen wirkt June nicht wie eine einfache Antagonistin – sie ist eine komplexe, widersprüchliche Figur, die in mir gleichzeitig Abscheu und Mitgefühl hervorgerufen hat. Ich fand ihre Handlungsweisen moralisch vollkommen verwerflich, aber gleichzeitig wirkt sie so menschlich, aufgrund der Zwänge und Unsicherheiten, die sie zu diesen Entscheidungen treiben. Auch Athena ist unglaublich vielschichtig dargestellt, was mich beim Lesen dazu gebracht hat, über Gerechtigkeit und Rache nachzudenken.
Für mich ist ein weiteres Highlight von R.F. Kuangs Büchern ihr Schreibstil. Sie schreibt sehr klar und präzise und obwohl ich poetische Schreibweise auch gerne mag, finde ich, dass ihre Schreibart sehr zu den Büchern passt. Ich finde, dass ihre Beschreibungen sehr lebendig und anschaulich sind und es mir ermögliche, tief in die Welt der Charaktere einzutauchen.
Ich fand beim Lesen vor allem die Thematik der kulturellen Aneignung spannend und diese wurde auf eine Weise behandelt, die zum Nachdenken anregt, aber ohne belehrend zu wirken. Der Roman hat mich durchaus dazu herausgefordert, mich mit komplexen Fragen von Identität, kultureller Zugehörigkeit und dem geistigen Eigentum zu beschäftigen.
Finales Fazit
Ich fand es beim Lesen wirklich erschreckend, wie tief Rassismus teilweise noch in der Gesellschaft verankert ist. R.F. Kuang hat hier ein Buch geschaffen, was nicht nur über kulturelle Aneignung und Rassismus spricht und diese kritisiert, sondern es erfolgt auch Kritik an den negativen Seiten der sozialen Medien und der Verlagsbranche. Ich kann dieses Buch wirklich nur weiterempfehlen. Für mich war das ein 5-Sterne-Buch!