Wenn die Vergangenheit beginnt, dich einzuholen…
„Die Schweigende“ von Ellen Sandberg
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Vielen Menschen fällt es im Leben schwer, sich von der Vergangenheit zu trennen und das alte Leben hinter sich zu lassen. Die Erinnerungen halten einen noch in der vergangenen Zeit fest, man kann sich nicht so ganz von ihnen lösen, ja, eigentlich will man es auch gar nicht. Denn die Erinnerungen bilden die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, machen es einem möglich, täglich zwischen diesen zwei doch so verschiedenen Welten hin und herzupendeln.
Der 79-Jährigen Karin Remy geht es da ganz anders als den meisten Menschen. Von der Vergangenheit will diese nichts wissen, ihre Devise lautet: „Blick nach vorne“. Ohne auch nur etwas aus ihrer schweren Vergangenheit preiszugeben, wachsen die drei Töchter Geli, Imke und Anne mit einer Mutter auf, die kalt und abweisend ist. Der Vater, Jens, kompensiert alles mit seiner überschwänglichen Art zu lieben und hält so die Familie Remy zusammen. Doch als der Vater stirbt, gibt es keinen Puffer mehr zwischen den vier Frauen und die Stimmung wird immer angespannter, vor allem als Jens seiner Tochter Imke das Versprechen abnimmt, in der Vergangenheit der Mutter nach einem Geist aus dieser schweren Zeit zu suchen…
Mir hat dieser Roman wirklich ziemlich gut gefallen, vor allem aufgrund der zahlreichen Perspektiven, aus derer Sicht die Geschichte erzählt wird. Der Leser erlebt das Geschehene durch die Augen der drei Töchter, aber auch durch Karins Augen, die die Welt im Jahr 2019 wahrnimmt und dem Leser vermittelt, gleichzeitig aber auch im Jahr 1956 aus den Augen eines Teenagers berichtet. Somit wird die Geschichte vielschichtig und facettenreich und der Leser kann sich in die unterschiedlichen Perspektiven hineinversetzen und vor allem mit der jungen Karin mitfühlen.
Der Schreibstil hat mir ebenfalls sehr gut gefallen und obwohl das Buch doch mit 515 Seiten nicht unbedingt schnell zu lesen ist, sind die Seiten nur so geflogen beim Lesen und ich konnte mich beim Lesen wirklich in die Geschichte hineinfühlen.
Ich finde auf jeden Fall, dass dieser Roman empfehlenswert ist, da er nicht nur unterhaltend, sondern auch sehr lehrreich ist. Die Nachkriegszeit wird hier durch die Augen einer jungen Teenagerin erzählt, die zu einer neuen Generation zählt, die gerade in Deutschland heranwächst im Jahr 1956. Sie hört Rock´n´Roll, trägt gerne Bluejeans und träumt davon, in ihrer Zukunft Ärztin zu werden und anderen Menschen so helfen zu können. Doch sie ahnt nicht, dass ihr Leben schon bald aufgrund ihrer Entscheidungen auf den Kopf gestellt werden wird…
Diese Einsicht in die vergangene Geschichte und die Art und Weise, wie Kinder zur damaligen Zeit erzogen wurden, wird so ergreifend und echt von der Autorin erzählt, dass man wirklich das Gefühlt hat, man wäre hautnah dabei. Ich hatte während des Lesens Momente, in denen ich vor Schreck gar nicht fassen konnte, wie die Kinder damals behandelt wurden und dass das als normal galt.
Ich kann diesen Roman wirklich nur herzlichst weiterempfehlen und bedanke mich beim Bloggerportal für dieses wirklich tolle Leseerlebnis!