Schattenmädchen (Kap.3)
Nervös tigerte ich vor meinem Spiegel hin und her, unschlüssig darüber, welches Outfit ich denn jetzt wählen sollte. Ich hatte bereits jedes einzelne Oberteil mit jeder Jeans kombiniert, die in meinem Schrank zu finden war, dennoch konnte ich mich nicht mit dem Endergebnis zufrieden geben. Ich wollte, dass Finn seine Entscheidung, mich eingeladen zu haben, nicht augenblicklich bereute, wenn er mich zu Gesicht bekam. Leider würden alle Kombinationen meines Schrankinhalts genau zu so einer Katastrophe führen. Mir blieb aber nicht mehr viel Zeit, bis mein Bus kam, die einzige Möglichkeit um diese Uhrzeit noch wegzufahren. Meine Eltern waren ausgegangen, zu einem Dinner mit Bekannten, die ihren Hochzeitstag feierten. So blieb mir also nur der Bus, und wenn ich mich nicht beeilen würde, konnte ich mir die Party und somit meine Gelegenheit, an Finn ranzukommen, abschminken. Ich warf den Gedanken an die Klamottenfrage beiseite, lief in den Flur und versuchte, nicht allzu aufgeregt zu sein. Als ich bei Finns Haus ankam, hatte ich bereits alle Stadien der Aufregung durchlaufen, von nervösem Zittern bis hin zu paranoiden Selbstgesprächen in meinem Kopf. Wahrscheinlich steigerte ich mich viel zu sehr in diese Sache hinein, aber es war schon so lange her, seit ich mich in Finn verliebt und er mich nicht eines Blickes gewürdigt hatte. Im Haus brannte Licht, durch die Fenster sah ich Jugendliche aus unserem Jahrgang, die sich im Wohnzimmer tummelten, tanzten und aus Plastikbechern tranken. Es war noch nicht zu spät, umzukehren, und Finn später zu erzählen, ich wäre krank geworden. Trotz der leisen Stimme in meinem Kopf, ich würde hier fehl am Platz sein, lief ich die letzten Meter zur Haustür und drückte auf den Klingelknopf. Nervös trat ich von einem Bein aufs anderes und sah dabei wahrscheinlich wie der letzte Vollidiot aus. Und dann schwang die Tür auf und meine Nervosität war wie verflogen. Finn stand breit grinsend im Türrahmen, die eine Hand am Rahmen abgestützt, die Haare fielen ihm leicht in die Stirn und ich konnte nicht anders, als zurückzulächeln. Bereits jetzt bekam ich zu spüren, dass er mit diesem Lächeln alles bekommen konnte, was er sich als Ziel vor Augen gesetzt hatte. Nur wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich dieses Ziel sein würde.