#twofaced (Kap.7)
Ich sitze auf dem beigen Lederhocker, in der einen Hand mein eiskalter, schwitzender Frappucino von Starbucks, in der anderen das gleiche Getränk von Monika. Sie befindet sich momentan in der Umkleidekabine, mit einer großen Ladung enger, gleichaussehender Jeans. „Ich brauche uuunbediiingt eine neue Jeans“, hatte sie geseufzt, als wir den Levi´s Shop vor einer guten halben Stunde betreten haben. Sie hat mir schon drei Stück vorgeführt, aber ohne, dass ich ein Worte habe sagen müssen, hat sie immer wieder einen unsichtbaren Makel gefunden, um die Jeans doch nicht mitzunehmen. Innerlich verdrehe ich nun bereits zum zehnten Mal die Augen, als sich der Vorhang zur Seite schiebt und Monika erneut zum Vorschein kommt. Diesmal stecken ihre Beine in einer dunkelblauen, hautengen Jeans, die sich kaum von den drei vorherigen unterscheidet. „Wie findest du die?“, fragt sie und schaut mich dabei hoffnungsvoll an. Die Hose sitzt wirklich gut an ihr und ich gebe ihr einen Daumen nach oben und ein breites, aufmunterndes Lächeln dazu. Anscheinend hat sie auch genug davon, Jeans zu shoppen, denn sie erwidert mein Grinsen und beschließt, die Hose zu nehmen. Erleichtert atme ich auf und stelle kurz Monikas Becher ab, um mein Handy aus der Hosentasche zu ziehen. Jonas hat mir eine Nachricht geschickt, mit der Erinnerung, unsere gemeinsamen Pläne heute Abend nicht zu vergessen. Ich lasse die Nachricht unbeantwortet, ich habe keine Lust, mich nach diesem Shoppingtrip noch zu ihm nach Hause zu begeben. Als Monika die Ausbeute bezahlt hat, beschließen wir, nach Hause zu fahren. Ich bringe sie nach Hause, danach fahre ich in meinem silbernen Cabrio, ein Geschenk von meinem Vater, zurück zu meinem eigenen Haus. Meine Mutter sitzt auf der Veranda, in ihrem hellgrauen Leinenkostüm und beäugt mich mit einem strengen Blick, als ich aus dem Auto steige. „Wo warst du?“, fragt sie, während ich näherkomme. „Ich war mit Monika in der Stadt“, erwidere ich und streiche meine blonden Haare hinters Ohr. Sie mag es nicht, wenn sie mir ins Gesicht fallen. „Jonas hat angerufen und gefragt, wann du denn endlich vorbeikommst.“ Ich atme tief ein und aus, um nicht laut zu werden und nicke einfach nur. „Du weißt doch, dass du ihn niemals warten lassen solltest. Schätzchen, du darfst diese Beziehung nicht aufs Spiel setzen, hörst du? Er ist dein Ticket in eine erfolgreiche Zukunft.“ Diese Ansprache habe ich bereits oft gehört, beinahe täglich leiert meine Mutter sie runter. Aber was sie nicht weiß, ist, dass ich nicht vorhabe, Jonas zu heiraten. Ich möchte aus diesem Zwangleben raus, welches mein Umfeld für mich ausgelegt hat. Ich möchte frei sein.