Schattenmädchen (Kap. 8)
Mehr als nervös saß ich neben Finn auf seinem Bett und konzentrierte mich mehr auf meine zappeligen Hände als auf die Handlung des Films. Ich warf immer wieder verstohlene Blicke zu ihm, während er sich vollkommen auf den Film fokussierte. Dachte ich. Denn irgendwann in der Mitte des Films griff er nach meiner Hand und ich betete, dass sie sich nicht schwitzig anfühlte. Jetzt konnte ich mich natürlich erst recht nicht auf den Film beschränken, sondern dachte die ganze Zeit daran, dass Finn gerade meine Hand berührte. Seine Hände sahen schön aus, er hatte lange, schlanke Finger und gepflegt aussehende Fingernägel. „Hey, ist alles in Ordnung?“, ertönte da seine Stimme und er drückte zusätzlich zu seinen Worten auch noch zwei Mal meine Hand. Ich schaute erschrocken zu ihm auf und fühlte mich ertappt. Hatte er bemerkt, wie ich ihn angestarrt und seine Hände analysiert hatte? Fand er mich jetzt komisch deswegen und bereute, mich zu sich eingeladen zu haben? Ich atmete tief durch und nickte, um seine Frage zu beantworten. Finn zuckte mit den Schultern und begann meine Hand zu streicheln, während er weiter auf den Bildschirm starrte. Mein Hals fühlte sich klischeehaft ganz trocken an und ich wusste nicht, wohin mit meiner anderen Hand. Die Gespräche im Hintergrund, die aus den Lautsprecherboxen kamen, verschwammen in meinem Kopf. Ich wünschte mir einfach, normal reagieren zu können, ohne mich wie eine psychisch gestörte pubertierende Gans zu fühlen, aber egal wie hart ich versuchte, mich auf den Film zu konzentrieren, meine Gedanken schweiften immer wieder zu unseren ineinander verschlungenen Händen zurück. So ging es bis zum Ende des Films und als dieser vorbei war, atmete ich tief durch, während Finn meine Hand losließ, um den Fernseher auszuschalten. „Hat dir der Film gefallen?“, wollte er wissen und grinste mich dabei mit diesem fiesen Grübchen an, das meine Gedanken nur noch mehr vernebelte. „Ähm… ja. War echt sehr spannend“, murmelte ich und klang dabei nicht mal halb so enthusiastisch, wie ich klingen sollte. Finn schien es jedoch nicht zu bemerken und bot an, mir etwas zu essen zu machen. In dem Moment klingelte mein Handy und meine Mutter zerstörte den halbwegs romantischen Augenblick zwischen uns nach meiner überaus verstörenden Aktion beim Film gucken. „Hallo, Lissa! Wo steckst du denn?“, trällerte mir meine Mutter auch sofort ins Ohr, als ich den Anruf entgegennahm. Ich verdrehte kurz die Augen und setzte ein Lächeln auf. „Ach Mama ich bin gerade bei der Laura. Wir lernen zusammen für den nächsten Chemietest.“ Finn warf mir einen seltsamen Blick zu, den ich nicht ganz deuten konnte und meine Mutter am anderen Ende seufzte erleichtert. „Ach, wie schön! Dann grüß die Laura doch mal von mir. Bist du zum Abendbrot wieder hier?“ Ich überlegte kurz, wie ich meine Antwort am besten verpacken konnte und erzählte ihr dann, dass Lauras Mama mich netterweise zum Abendessen eingeladen hatte. Mama schien zufrieden gestimmt und verabschiedete sich dann mit einem langgezogenen „Tschüssiii“. Finn war währenddessen in die Küche verschwunden. Und ich stand in seinem Zimmer und versuchte, mich irgendwie zusammenzureißen.