Schattenmädchen (Kap. 6)
Wir standen noch eine Weile draußen auf der Terrasse, mein Oberkörper versunken in seiner warmen Lederjacke. Sie roch nach ihm, nach Erde und Zigaretten. Ich wusste nicht, ob er selbst rauchte, ich hatte ihn noch nie in der Raucherecke in der Schule gesehen. Vielleicht rauchten ja auch nur seine Freunde und er stand daneben in dieser dunklen, warmen Jacke, die den ganzen Qualm in sich aufsaugte. „Erde an Lissa“, rief Finn lachend, seine Hand vor meinen Augen. Ich steckte meine Gedanken in die dazugehörige Schublade und lächelte ihn an. Er schenkte mir dafür sein wunderschönes Grinsen. „Wo warst du denn mit deinen Gedanken?“, fragte er und tippte mit seinem Zeigefinger an meine Schläfe. Ich winkte seine Frage einfach ab und schaute zu Boden. Mein Handy meldete sich mit einer Nachricht in meiner Hosentasche. Meine Mutter hatte mir eine besorgte SMS geschickt, mit der Frage, wann ich denn nach Hause kommen würde. Meine Uhr zeigte mir halb 2. „Oh verdammt“, zischte ich und schaute alarmiert zu Finn. „Steht das Angebot mit dem Nachhause fahren noch?“ Ich fühlte mich nicht wohl dabei, ihn von seiner eigenen Party wegzulocken, aber er hatte es vorhin angesprochen und ich wusste sonst nicht, wie ich nach Hause kommen sollte. Meine Mutter würde zwar höchstwahrscheinlich sofort aus dem Bett springen, um mich nach Hause zu kutschieren, aber ich wollte, sie nicht unnötig aus dem Bett holen. „Klar, doch“, antwortete Finn und legte seinen Arm um meine Schultern. Ich erstarrte unter seiner Berührung und schaute verlegen zur Seite. Zum Glück war es bereits dunkel, ansonsten hätte er gesehen, wie meine Wangen erröteten. Wir gingen ins Haus, Finn rief irgendeinem Typen zu, dass er gleich wiederkommen würde, was dieser aber nicht zu hören schien, aufgrund von der lauten Musik. Als wir uns in sein Auto setzten, hielt er mir galant die Tür auf und mein Herz schmolz ein kleines bisschen mehr. Woher kamen diese süßen Typen? Und wieso vestecken sich hinter solchen Gentlemen immer die dunkelsten Gestalten?