#twofaced (Kap. 3)
„Diese Jeans sitzt echt geil an dir“, raunt Jonas mir ins Ohr, während er unter dem Tisch meinen Oberschenkel berührt. Ich lächele ihn an, genauso, wie er es sich von mir wünscht. Während seine Hand sich ihren Weg weiter nach oben bahnt, versuche ich, mich auf den Matheunterricht vorne an der Tafel zu konzentrieren. Um den Notenschnitt zu halten, der mir von allen Seiten vorgeschrieben wird, damit ich ja an der Uni angenommen, die meine Mutter sich fleißig für mich ausgesucht hat, muss ich mich anstrengen. Und Jonas´Hand an meinem Oberschenkel fördert nicht unbedingt meine Konzentration. „Na, gefällt es dir?“, flüstert er, sein heißer Atem kitzelt an meinem Hals. Ich nicke und beiße mir dabei auf die Lippe. Auch das gehört zu den Dingen, die ihm an mir gefallen. Ich versuche, Jonas und seine immerzu zweideutigen Gedanken auszublenden und mich auf das Wesentliche in diesem Moment zu fokussieren. Obwohl Jonas mich in diesem Augenblick nicht weniger interessieren könnte, muss ich dennoch so tun, als würde mir das Spiel seiner Hände an mir gefallen und als würde ich jede einzelne Sekunde davon genießen. Mittlerweile habe ich eine gute Taktik gefunden, um ihn bei Laune zu halten und mich selbst damit zu schützen. Wenn ich ihn auch nur ansatzweise verärgern oder enttäuschen sollte, nutzt er seine gute Beziehung zu meiner Mutter, um diese gegen mich zu richten und auf seine Seite zu ziehen. Meine Mutter vergöttert Jonas, aber noch mehr als das, liebt sie den Haufen an Geld, den seine Familie besitzt. Dabei interessiert sie herzlich wenig, ob ich Jonas überhaupt liebe oder ob ich meine Zukunft mit ihm verbringen will. Seine und meine Mutter haben bereits unsere Traumhochzeit vor Augen, jedes kleinste Detail schon durchgesprochen und geplant. Niemand fragt mich nach meinen Wünschen oder meiner Meinung. Mein Leben ist für mich vorgelebt, ich muss nur in die Richtung gehen, in die die Pfeile meiner Mutter zeigen.
