Schattenmädchen (Kap. 14)
Finn gewann in den nächsten Wochen immer mehr die Oberhand. Jedes Treffen führte dazu, dass er mit mir schlafen wollte. Manchmal fragte er gar nicht, ob ich es überhaupt wollte. Ich hielt meinen Mund, wenn er es tat, fühlte mich wie eine Maschine, die nach seinen Anweisungen handelte. Ich versuchte, mich von ihm zu distanzieren, täuschte vor, eine wichtige Familienfeier oder eine bevorstehende Klausur anstehen zu haben. Er war dann enttäuscht von mir und meiner abwesenden Haltung ihm gegenüber, aber das war immer noch besser, als wenn er wütend wurde und mich an schrie. Ich konnte ihm aber nicht zu oft absagen, sodass ich mich auf zwei Treffen in der Woche einließ und den Rest der Woche vorgaukelte, keine Zeit für ihn zu haben. An einem Freitagabend, wir waren bei ihm verabredet, machte ich mich fertig, genauso wie er es am liebsten an mir mochte. Er hatte mich bereits zwei Mal angerufen und sich vergewissert, dass ich auch wirklich die Unterwäsche anzog, die er mir gekauft hatte und auch ja nicht auf die Idee kam, ihn spontan zu versetzen. Um acht Uhr rief er mich erneut an, diesmal, um mir mitzuteilen, dass er vor meiner Tür stand, bereit, mich abzuholen. Ich schnappte mir meine Jacke, meine Stiefel und verließ dann das Haus. Im Auto begann er bereits, mich zu begrapschen, seine Hand fuhr immer wieder unter mein Kleid. „Konzentrier dich bitte auf die Straße, Finn“, sagte ich, innerlich kochend, ließ meine Stimme aber so klingen, als würde es mir eigentlich gefallen, was er da tat. Er warf mir nur einen genervten Blick zu, hatte aber ein selbstsicheres Grinsen auf den Lippen, während er sich der Straße zuwendete und von meinem Bein abließ. Bei ihm angekommen, bugsierte er mich sofort zu seinem Zimmer ins Bett, ohne auch nur darauf zu achten, wie ich mich dabei fühlte. Er fing an, mein Kleid von mir zu zerren, dass meine Haare sich in dem Reißverschluss verhakten, interessierte ihn nicht. Ich schaltete ab, nahm den Schmerz nicht wahr, blendete sein Stöhnen aus. Ich reagierte genauso, wie er es von mir erwartete, kam in dem Moment wie er und tat so, als hätte mir alles wie immer gefallen. Bis ich das rote Blinken in seinem Bücherregal wahrnahm. Ich zog mir meine Sachen wieder an, stand von seinem Bett auf und lief zu dem Regal. Zwischen seinen Büchern, an die Regalwand gelehnt stand eine Kamera, dem roten Blinken nach zu urteilen, am filmen. „Was ist das?“, fragte ich ihn, nahm die Kamera heraus, meine Stimme zitterte. Er drehte sich zu mir, sein Lächeln rutschte ihm aus dem Gesicht, die Augenbrauen zogen sich zusammen. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck, er bedeutete nichts Gutes. „Hast du uns gerade beim Sex gefilmt?“ Meine Stimme brach zum Ende des Satzes. Ich war fassungslos. Ich wusste, wie grausam er sein konnte, aber so etwas hatte ich nicht von ihm erwartet. Er zuckte mit den Schultern. „Und was wäre wenn? Du bist meine Freundin.“ Ich schnappte nach Luft. „Lösch es, bitte.“ Er begann, sich ebenfalls anzuziehen, wobei er mich vollkommen ignorierte. „Finn? Bitte.“ Seine Schultern begannen zu beben, ich merkte, dass er lachte. „Wer bist du, um mir sagen zu können, was ich zu tun und zu lassen habe?“ Ich richtete meinen Blick auf die Kamera, suchte nach der Aufnahme, um sie selbst zu löschen. Er war augenblicklich bei mir, riss mir die Kamera aus den Händen und verpasste mir eine Backpfeife. Meine Wange brannte, Tränen standen mir in den Augen. „Wage es ja nicht dich mir zu widersetzen, du Miststück! Hast du mich verstanden?“