Neben dir sein (Kap. 34)
Am Abend wage ich es, meine Mutter auf die neuen Informationen, die ich jetzt kenne, anzusprechen, um eventuell herausfinden zu können, wie mein Vater in diese Ermittlung verwickelt ist. Erstaunlicherweise redet Mama sich nicht sofort heraus, sondern schaut mich erst einmal prüfend und lange an, bis sie schließlich ihr Handy holen geht, um Papa anzurufen. Kurze Zeit später sitzen wir alle um den Küchentisch herum, denn mein Vater wollte auf keinen Fall, dass Mama dieses Gespräch alleine mit mir führt. Ich weiß nicht, was jetzt auf mich zukommen wird. „Nick kam kurz vor der Party zu mir“, beginnt mein Vater, bei Nicks Namen werden seine Augen ganz trüb und traurig. „Er wollte, dass ich dich beschütze und auf dich aufpasse, falls ihm etwas zustoßen sollte. Er hat mir grob von seinen Problemen mit der Gang und den Schulden erzählt, wollte aber, dass ich dir nichts dazu sage. Als ich dann einige Tage später erfahren habe, dass du beinahe ver… vergewaltigt wurdest von diesem Dreckskerl vom Boss, habe ich Nick gesagt, er soll diese Sache sofort beenden. Ich habe ihm sogar die Geldsumme, die sie verlangten, angeboten, nur damit er dich da raus ließ. Aber Nick wollte versuchen, das erstmal so zu klären. Es hat nicht geklappt. Schon nach der Party habe ich mich an die Polizei gewandt, genauer gesagt an Tomas.“ Tomas ist mein Onkel, mit dem mein Vater häufig in Kriminalfällen zusammenarbeitet. Diese ganze Geschichte klingt so surreal. Immer, wenn ich glaube, bereits alles herausgefunden zu haben, kommen noch neuere Informationen hinzu, die ich kaum verarbeiten kann. „Zusammen haben wir die Identitäten der Gang-Mitglieder herausgefunden, zum Beispiel durch die DNA-Spuren an deinem Top von der Party oder auch über Nick. Er kannte einige Namen. Es hat nur ein einziges Puzzleteil gefehlt, um diesen Fall schließen und alle verhaften lassen zu können. Es blieb unbekannt, wer genau Nick erstochen hat.“ Mein Vater sieht mich fragend an. Tränen laufen erneut über meine Augen. Ich bin hin und her gerissen. Ich möchte diesen widerlichen Mörder so gerne einsperren lassen, ihn so leiden lassen, wie er Nick und mich leiden lassen hat. Aber andererseits ist da diese kleine Verbundenheit zu Marco. Wie soll ich ihn hintergehen, wo er doch für mich da gewesen ist in dieser schweren Zeit? Doch egal, wie sehr Marco mir in letzter Zeit ans Herz gewachsen ist, sein bester Freund hat meinen umgebracht. Denn Nick war mehr als nur mein Freund, er war mein bester Freund und ich habe ihn mehr als alles andere geliebt. Und Ivan und der Boss und diese ganze beschissene Gang haben mir diese eine Person einfach weggenommen. Nur wegen Geld. Ich schaue auf, sehe meinem Vater in die Augen und sage dann mit fester Stimme: „Ich weiß, wer es getan hat. Sein Name ist Ivan.“